Electronic Beats Summer 2014

„Jazz heißt“, so Saxophon-Gigant Wayne Shorter in einem Max Dax für die neue Ausgabe gewährten seltenen Interview, „Jazz heißt: ich fordere Dich heraus“ - ein Bindeglied zum Klanggrenzen überschreitenden Projekt der elektronischen Musik, an dessen Formulierung Shorter an der Seite von Miles Davis Ende der Sechziger Jahre des vergangenen Jahrhunderts beteiligt war - in einer Zeit, in der die musikalische Arbeit schwarzer Musiker in den USA zugleich politisches Bekenntnis zur Unteilbarkeit der Menschenwürde war - und sei es durch das bloße Tragen eines Anzugs. „Ich fordere Dich heraus, einen Schritt weiter zu gehen. Darum geht es. Wir machen keine Musik: Wir befinden uns in einem Dialog mit dem Leben, mit dem Unerwarteten. Glaube heißt: Keine Angst davor zu haben“.
Hiphop-Legende RZA seinerseits fordert Max Dax zu einer Partie Schach heraus, die er triumphal zu seinen Gunsten entscheidet, während er in der knallenden Sonne von Malibu Jazz- und Elektronikinfusionen in die Rap-Kultur des 21. Jahrhunderts beleuchtet. Er ist nicht der einzige Interviewpartner dieser Ausgabe, der das kulturelle und politische Störpotential und den impliziten Rassismus eines hoffnungslos antiquierten Copyrights unterstreicht: UbuWeb-Gründer Kenneth Goldsmith stellt im Gespräch mit der Kuwaitischen Künstlerin Fatima Al Qadiri heraus: „Die Anti-Copyright-Kriege des 21. Jahrhunderts sind das Äquivalent zu den Anti-Zensur-Bewegungen des zwanzigsten“.

So erweist sich das Projekt der elektronischen Musik immer wieder und zentral als ein politisches, sei es in Form von kapitalismuskritischen Versatzstücken in Inga Copelands elektronischem Klangentwurf oder im Elektropunk von MØ. Mit beiden haben wir gesprochen. Unsere Städtereise führt uns diesmal nach Warschau, dessen kulturelle Klasse in heftigen Auseinandersetzungen mit Homophobie, Kleingeist und hyperkapitalistischer Stadtmodernisierung um Atem ringt. Glaube heißt auch hier: Keine Angst davor zu haben.