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Kompromisslose Realness aus Mannheim

Als Kind einer blühenden Hip-Hop-Kultur wächst der 1993 in Mainz geborene Karim Joel Martin mit Tracks von US-Rappern wie MF DOOM und Skepta auf, aber auch die Berliner Schnauze um die 2000er herum wird für den Sohn eines Sudanesen prägend. Gemeinsam mit seinem Freund und Produzenten Funkvater Frank traut er sich als Jugendlicher in Mannheim an den Sampler, kauft sich von seinem Ersparten ein Mikrofon – und von da an regnet es Mixtapes, erstmal nur für die beiden selbst, schon bald aber im Kollektiv mit der Zonkeymobb-Gang und öffentlich auf Soundcloud. „Dank Keemo genießt deutscher Rap wieder Reputation“, heißt es 2017 auf Kobe. Ganz falsch ist das nicht – das Chimperator-Label erkennt die Rap-Versessenheit des jungen Mannheimers und nimmt ihn unter Vertrag, ein Jahr später folgt das Debutalbum Skalp. Auf ausgetüftelten Trap-Beats bringt OG Keemo hier mittels lyrischem Anspruch, einer gesunden Gangster-Attitüde und düsterer Thematik frischen Wind in das Genre: „Ich rede so, als wär‘ ich der Teufel persönlich / Doch seh‘ aus wie ein junger Gott“. Mittels seiner Stimmgewalt erzeugt er dabei oft eine beklemmende Atmosphäre und verschreibt sich einer seltenen wie kompromisslosen Realness, wie man es im US-Raum nur von rappenden Poeten wie Kendrick Lamar oder J. Cole kennt.

Von Dämonen und Alltagsrassismus

Schon in seinen ersten Tracks lässt OG Keemo uns auch von den Dämonen wissen, die ihn seither plagen: „Ich schrieb meine besten Verse / Als ich bereit war, mein Leben einfach so wegzuwerfen“. Seine psychische Erkrankung lässt ihn seine Überlegenheit aber kaum anzweifeln, denn: „Meine Depression ist stärker als der Großteil von euch N****s“. Schon 2019 folgt die Otello-EP, die Trap-Drums tauscht Funkvater Frank gegen Boom-Bap-Elemente ein, und der Hype um das lyrische Schwergewicht Keemo steigt in der Deutschrapszene. Der zweite Langspieler Geist erscheint schon im Winter desselben Jahres, erzählt von seiner Kindheit, vom Straßenleben und den eigenen Grenzen – auf hypnotische Weise springt der Rapper vom einen zum anderen Thema, ohne den Fokus verlieren, reißt Konzepte an, um sie im nächsten Vers wieder zu verwerfen. So haushoch er sich in einem Track inszeniert, so offen zeigt er seine Wunden im nächsten. Auch um den täglichen Kampf gegen Rassismus geht es in den Lyrics oft: „Ich bin gepolt, um bei Sirenenlicht zu bangen / Also red‘ nicht, wenn du nicht versteht, weswegen ich so handel‘“.

Ein Album als Hörspiel

Auf seiner 2022 erschienenen Platte Mann beißt Hund gießt OG Keemo seine lyrische Kunst dann in ein Konzept, das eine Geschichte aus drei verschiedenen Perspektiven erzählt. Laut ihm selbst beruhen die Tracks auf wahren Begebenheiten, sie erzählen von jugendlicher Kriminalität, täglicher Gewalt und dem Leben im Hochhauskomplex – dabei verändert sich das Narrativ, und wir hören entweder aus der Sicht von Karim, Yasha oder Malik. Und trotz dieser Abspaltung ist das Ganze persönlich: „Das sind alles verschiedene Personen aus mir“, meint Keemo. Mann beißt Hund schlägt in den deutschen Charts auf Platz zwei ein und bringt den Rapper an die Front einer neuen Hip-Hop-Generation – mittels zahlreicher Skits und Dialogen schafft Keemo eine Atmosphäre, die auch dank Funkvater Franks dramatischer Streichersamples fast zum Hörspiel avanciert. In der Welt der Algorithmus-basierten Hörgewohnheiten stellen OG und sein Produzent sich klar gegen die Schnelllebigkeit des Konsums – Langformkonzepte lassen sich im deutschen Rap ansonsten vergeblich finden. Und auch die nächste Platte mit dem Titel Fieber ist bereits angekündigt, neue Tracks wie Fieber und Tasche zeigen den Mannheimer dabei in Höchstform: „Keemo is back, N****as sind geschockt / Aus dem Winterschlaf von dem Block / Leerer Bauch, Cash in mei’m Kopf“.