Aigners Inventur – Januar 2023 13 Artikel

Mit seinem neuen Album „Mainpark Baby“ zerfetzt der Offenbacher Rapper die auf Ignoranz, Ausgrenzung und Rassismus gründende sogenannte Ausländerpolitik der letzten Jahrzehnte mit einem lauten Krachen in der Luft. Haftbefehl weiß: Mainpark ist überall.

„Ich wollte vor allem ein richtig geiles Hip-Hop-Album machen“, sagt Aykut Anhan aka Haftbefehl. „Das weiße und das schwarze Album hatten einen roten Faden, sie gehörten untrennbar zusammen. Das weiße stand für das Licht, den Tag, die Party, das schwarze für die Düsternis und die Abgründe danach. Auf ‚Mainpark Baby‘ wollte ich die Mitte zwischen diesen beiden Extremen ausloten.“

Es geht um die Kinder und Kindeskinder der ersten Einwanderergeneration in jener Offenbacher Siedlung, der das Album seinen Titel verdankt. Unerfüllte Träume spielen eine Rolle bei diesen sogenannten Mainpark-Babys, gescheiterte Lebensentwürfe allerdings eher nicht: Den meisten Leuten in diesen Songs hat das Leben keine Chance gegeben, überhaupt so etwas wie einen Entwurf zu entwickeln.

Mit „Mainpark Baby“ erweist er sich erneut als einer der besten Rapper und scharfsinnigsten, straßenpoetischsten Texter in diesem Land. Ein Dichter der Nacht, der uns mitnimmt in die Straßenschluchten, in die dunklen Keller, die Bars und auf den Strich. Das kommt hier alles weiterhin direkt und ungefiltert aus einem wild schlagenden Künstlerherzen.

Carla dal Forno meldet sich mit der Nachricht zurück, dass sie ihr drittes Album Come Around über ihr eigenes Label Kallista Records veröffentlichen will. Die australische Künstlerin, die in der Gemeinde Castlemaine in Zentral-Victoria lebt, kehrt selbstbewusst zurück und hat sich im dichten Eukalyptusbuschland fest niedergelassen. Dal Forno setzt sich mit den Themen Heimat, Unordnung und Schlaflosigkeit auseinander und bedient sich dabei der schnellen Pop-Strukturen ihrer DIY/Post-Punk-Vorläufer wie Young Marble Giants, Virginia Astley und Broadcast. Drei Jahre nach der Gründung ihres Labels Kallista Records hat dal Forno in Castlemaine (6.750 Einwohner), ihrer dritten Heimatstadt in ebenso vielen Alben, Stabilität gefunden. Nach fast einem Jahrzehnt des Umziehens, Aufnehmens und Tourens von Berlin und London aus, verkörpert Come Around eine neu gefundene Einsamkeit, die aus elementaren Pop-Hooks und aufgeklärtem Songwriting geboren wurde.