Spillage Village / J.I.D / Earthgang Spilligion Multicolor Splatter Vinyl Edition

Southern Goodness: ATL-Supergroup Spillage Village

Die achtköpfige Südstaaten-Supergroup um EarthGang, JID und 6LACK kanalisiert auf dem Major-Debütalbum „Spilligion“ den Spirit der Golden Era und besingt ein besseres Morgen: politisch, radikal offen, gleichermaßen catchy und experimentell. Ihre „Spilligion“ dürfte Anhänger*innen aus den verschiedensten Lagern der R&B- und Hip-Hop-Welt finden.

Nachdem schon im Juni der erste Vorbote „End of Daze“ erscheinen war, legten Spillage Village zuletzt den Track „Baptize“ nach, um auf der Zielgerade auch noch das ruhige „Hapi“ hinterherzuschicken. Auf Albumlänge präsentieren sie nun insgesamt 12 Tracks, die schon deshalb nie zu kurz geraten sind, weil die stimmgewaltige Supergroup von so vielen Gästen unterstützt wird. Unter anderem sind Chance The Rapper, Masego, Desi Banks, Ant Clemons, Ari Lennox, Buddy, Lucky Daye und Big Rube dabei.

Klassisches Freidenkertum aus der Südstaaten-Hochburg Atlanta (aka Freaky Southern Rap) trifft auf die Energie von Baltimore und Vokalsalven zwischen R&B und Gospel: Spillage Village spielen auf ihrem kommenden Major-Debüt sämtliche Stärken aus, die man als achtköpfige Supergroup automatisch hat. Deadpan-Flows, aufgeräumte, aber immer überraschende Produktionen, gesungene Hooks und ekstatische Chants, die auch in der Gospel-Kirche an der Ecke beklatscht werden würden: Die vielen OutKast-Vergleiche waren immer schon irgendwie berechtigt, wobei sie genau genommen natürlich viel zu kurz greifen. Sicher ist die Chemie vergleichbar einzigartig, die Offenheit ähnlich radikal, der Soul-Faktor ähnlich hoch; wie OutKast können auch Spillage Village extrem catchy und im nächsten Moment schon extrem experimentell klingen. Und doch spielen Spillage Village ganz klar in ihrer eigenen Liga, weil sie sich die Bälle über ein sehr viel größeres Spielfeld zuspielen. Über ihrer Zukunftsvision schwebt zwar immer noch der Spirit der Neunziger-Heydays, nur klingen die Tracks deswegen trotzdem kein bisschen erwartungsgemäß oder retro.

Die Weltreligionen und Glaubensrichtungen bilden zwar den groben Rahmen ihrer „Spilligion“, dabei geht es der Supergroup aus dem Dreamville-Umfeld genauer gesagt um absolut weltlich-brandaktuelle Dinge wie Polizeigewalt, die Welt im Krisenmodus & Co. Während der trockene Bass von „Baptize“ auch einem Young Thug sehr gut stehen würde, standen bei „Hapi“ zuletzt wieder Arrangement- und Songwriting-Skills im Vordergrund. Indem sie für „Judas“ sogar „Hit The Road Jack“ in den Süden schicken, stehen neben hypnotischen Gruppen-Chants („PsalmSing“, „Ea’alah“) und vertonten Weltreisen („Mecca“) auch blutdrucksenkender Session-Minimalismus („Oshun“) und heimliche Banger wie „Cupid“ auf dem Programm. Wer klassischen Nineties-Sound sucht, wird am ehesten bei Göttin „Shiva“ fündig.

Von den EarthGang-Köpfen Johnny Venus und Doctur Dot sowie deren Uni-Bekanntschaft JID schon im Jahr 2010 gegründet, veröffentlichten Spillage Village in den letzten Jahren bereits drei gefeierte Mixtapes in Eigenregie: Die „Bears“-Trilogie, bestehend aus „Bears Like This“ (2014), „Bears Like This Too“ (2015) und „Bears Like This Too Much“ (2016). Bestand die Supergroup zunächst aus fünf Mitgliedern, verzeichnet das Village heute acht Einwohner – EarthGang, JID, Hollywood JB, Jurdan Bryant, Mereba, den mehrfach Grammy-nominierten 6LACK und Benji. Seit 2017 bei J. Coles Dreamville Label unter Vertrag, haben sie nach ihren letzten Tourneen ganz bewusst nichts überstürzt – und legen daher erst jetzt ihr offizielles Debütalbum vor. Im Süden wusste man schon immer, dass die Kruste nur dann gelingt, wenn man dem Fett etwas mehr Zeit gibt.