Chase & Status HHV Records 2 Artikel

Durchzechte Nächte in Manchester

Einige Jahre bevor Chase & Status in Sachen Drum and Bass zu Protagonisten des Genres heranwachsen und sich als Produzenten für Popgrößen wie Rihanna einen Namen machen, lernt sich das Duo zu Beginn der 2000er Jahre in London kennen. Als Saul Milton und Will Kennard dann beide in der Electronic-Metropole Manchester ein Studium anfangen, beschließen sie gemeinsame Sache zu machen: vom Breakbeat und Garage der damaligen Zeit in den Bann gezogen, wühlen sich die beiden durch unzählige Plattenläden, um Material für ihre durchzechten Nächte als DJs zu sammeln. Mit ersten Remixes wagt das Duo sich unter dem Namen Chase & Status bald an eigene Produktionen, und nach mehreren Stilwandlungen fühlen sie sich schließlich im Drum and Bass am wohlsten. Diese Energie dringt bis zu RAM Records vor, wo sie 2007 ihre Labelheimat finden und mit ersten Singles Wellen schlagen. Ihr impulsiver Track Pieces dominiert ein Jahr später dann die UK Dance Single Charts – am Mikrofon gastiert darauf kein Geringerer als Plan B. Der Erfolg dieser Zusammenarbeit wiederholt sich 2009 mit dem melancholischen End Credits, welches es sogar in die Top 10 der regulären UK Charts schafft und das D&B-Duo in die Sphären des Stardaseins befördert.

Das D&B-Duo mit Erfolgskonzept

Ihr exzessives Debutalbum More Than Alot erblickt 2008 das Licht der Welt: Tracks wie Against All Odds verbinden dabei mühelos D&B mit Rap und machen Chase & Status auch genreübergreifend interessant – unter anderem produzieren sie 2009 auf Rihanna’s Platte Rated R mit und haben auf Snoop Doggs Track Snoop Dogg Millionaire ihre Finger im Spiel. Mit einer Handvoll singender wie rappender Gäste im Gepäck – darunter Liam Bailey, Tinie Tempah, Dizzee Rascal und CeeLo Green – bringen die Londoner ihren zweiten Langspieler No More Idols im Jahr 2011 an den Start. Das Album verkauft sich innerhalb von zwei Wochen bereits 100.000 Mal und macht damit die kühnsten Träume der beiden D&B-Dirigenten wahr: „Ich weiß nicht, ob wir früher jemals gedacht haben, dass wir überhaupt ein verdammtes Album machen würden.“ Das jahrelange Ackern zahlt sich schließlich aus – bei den Brit Awards 2012 werden sie zur Best British Group nominiert, und ein Jahr später liefern sie mit Brand New Machine gleich eine weitere LP. Die unterscheidet sich stilistisch vom frühen Erfolgskonzept des Duos, schlägt düstere Töne in Sachen Produktion an und kann sich mit seiner Gästeliste, inklusive Major Lazer, Pusha T und Louis Mattrs, in den internationalen Charts sehen lassen.

Die Leidenschaft an erster Stelle

Nicht nur als Headliner zahlreicher Festivals in den Folgejahren holen sie sich für Liveauftritte MC Rage auf die Bühne, der das Spektakel moderiert. Mit der London Bars EP bewegen die beiden sich hin zum in Großbritannien aufkeimenden Grime, der seit einigen Jahren die Clubs erobert. Der Langspieler Tribe im Jahr 2017 mischt dann in gewohnter Weise Grime mit Hip-Hop und D&B, bietet Abwechslung wie wenige andere Künstler in der Szene: „Wir mögen es nicht, Alben zu machen, die aus 14 gleichen Tracks bestehen.“ Gleichzeitig zeigen Chase & Status sich traditionsbewusst: mit RTRN II JUNGLE finden sie zurück zu ihren musikalischen Wurzeln und machen sich erneut im Bereich Jungle und Ragga breit. Das ständige Touren und Kreieren im Studio bedeutet für die beiden jedoch nicht, sich auf ihren Lorbeeren auszuruhen – das Album What Came Before knüpft 2022 an den Erfolg ihrer vorherigen Platten an, beweist sich gewohnt stilsicher und ideal für Londoner Clubnächte. Die Passion kennt für Chase & Status eben keine Pause: „Inzwischen haben wir die ganze Welt bereist, haben in kleinen Clubs und auf großen Bühnen gespielt … aber bei uns steht noch immer die Leidenschaft, Musik zu machen, an erster Stelle.“