Ice Cube HHV Records 17 Artikel

Reality Rap aus Compton

Während N.W.A. Ende der 80er Jahre mit Tracks wie Straight Outta Compton und Fuck Tha Police den Gangsta-Rap an der West Coast Mainstream-fähig machen, ist vor allem ein Mann für die exzellent unzensierten Texte der Kalifornischen Crew verantwortlich: Ice Cube schreibt für seine Kollegen Dr. Dre und Eazy-E, doch auf seine Crew ist er später kaum noch angewiesen – seine Solokarriere zählt ganze zehn Alben, die sich in Millionenhöhe verkaufen und seinen Status als einen der wichtigsten Rapper der Goldenen 90er manifestieren. Ice Cube stammt ursprünglich aus einer Zeit, in der sich die Szene in den Clubs von Compton organisiert: gemeinsam mit Sir Jinx gründet der junge Rapper dort Mitte der 80er die Crew C.I.A. und performt auf Events, die vom lokal bekannten Produzenten Dr. Dre organisiert werden – dieser bekundet Interesse an dem versierten MC und versorgt ihn mit Beats für die erste und einzige C.I.A.-Platte. Gleichzeitig raufen Cube und Dre sich mit Eazy-E und Arabian Prince zusammen und gründen N.W.A. – und ohne Zweifel ist Gangsta-Rap danach nie wieder derselbe. 1988 erscheint ihre Debutplatte Straight Outta Compton und bricht mit allen Tabus, die der Mainstream gern aufrechterhalten würde, und die vornehmlich von Ice Cube geschriebenen Texte fangen das soziopolitische Klima der späten 80er in nie dagewesener Hardcore-Form ein. N.W.A. nennen es Reality Rap.

Ungeschlagen im Tabubruch

Nachdem er Eazy-Es erste Soloplatte Eazy-Duz-It geschrieben hat, verlässt er die Gruppe und reist zum Auftakt seiner eigenen Solokarriere nach New York, wo er sich das Produktionsteam seiner Kollegen von Public Enemy ins Boot holt, um AmeriKKKa’s Most Wanted aufzunehmen. Entgegen aller Erwartung schafft der Cube es, an das Monsterdebut der N.W.A. anzuknüpfen und auf Augenhöhe Gangsta-Rap zu schreiben, der drängende soziale und rassistische Konflikte in den Mittelpunkt stellt: „It’s a shame, that niggas die young / But to the light side it don’t matter none“. Drogenkonsum, Armut und das Straßenleben in L.A. spielen dabei alle eine Rolle, während sich der radikal unverblümte Ausdruck seiner politischen Positionen auf dem 1991 erschienenen Death Certificate weiter zuspitzt und in der Musikpresse Kontroverse auslöst: in Sachen Tabubruch sieht sich Ice Cube in den 90er Jahren ungeschlagen. Doch genauso wird er immer wieder für seine offen sexistischen und teils antisemitischen Aussagen kritisiert – auch seine Mitgliedschaft in der religiösen Bewegung Nation of Islam wird oft unter die Lupe genommen. Mit The Predator und Lethal Injection verbucht Ice Cube trotzdem wieder immense Erfolge – in der Szene lässt sich kaum noch an seinem Legendenstatus kratzen, denn Ice Cube liefert einen konstanten Fluss an Gangsta-Alben, die eines nach dem anderen ins Schwarze treffen.

Klare Statements mit eiskaltem Flow

Mit seiner neuen Crew Westside Connection zielt der Erfolgs-Gangster Mitte der 90er darauf, die West Coast wieder gegen die East Coast stark zu machen, und steigt gemeinsam mit den beiden Membern Mack 10 und WC wieder an die Spitze der Hip Hop -Welt – von den enormen Verkaufszahlen ihrer LP Bow Down ganz zu schweigen. Neben Kollaborationen mit Korn und David Bowie versucht der Rapper sich ebenso als Schauspieler in Komödien wie 21 Jump Street und Ride Along, und als Filmproduzent hilft er dabei auch hinter den Kulissen, wie für das N.W.A.-Biopic Straight Outta Compton im Jahr 2015. Sein Sonderstatus in der Industrie erlaubt ihm auf seinen Tracks, in politischen Belangen kein Blatt vor den Mund nehmen zu müssen, und neuere Platten wie Everythang’s Corrupt setzen klare Statements, zum Beispiel gegen Donald Trump: „Arrest the president / You got the evidence / Did you know the new white was orange?“ Ice Cubes gewohnt messerscharfer Flow verwandelt seine Worte in Geschütze gegen den gesellschaftlich verankerten Rassismus in den USA – direkt, unzensiert, und mit einem eiskalten Flow.