Mac Miller HHV Records 26 Artikel

Die neue Hoffnung im Indie-Hip Hop

Mit 15 Jahren entscheidet sich Mac Miller, seine gesamte Freizeit dem Hip Hop zu opfern, nimmt seine ersten Mixtapes auf und gewinnt in Pittsburgh bereits lokale Preise für seine Musik – sein lässiger Style verschafft ihm einen Plattenvertrag beim Indie-Label Rostrum Records, und mit gerade mal 18 Jahren geht sein Mixtape K.I.D.S. im Jahr 2010 durch die Decke. Miller macht sich einen Namen mit eingängigen Beats und unbeschwerten Texten, die sich um das Highschool-Leben drehen, inklusive Feiern, Kiffen und Mädchen – schließlich geht der Rapper selbst noch auf die Highschool, während er das Tape aufnimmt. Der positive Vibe und die jugendlich sorglosen Texte bieten eine Alternative zum damals dominanten Gangsta-Image im US-Hip Hop, und Miller lässt die neu gewonnene Fanbase nicht lange auf neue Tracks warten: sein nächstes Mixtape Best Day Ever erscheint 2011 und enthält seinen ersten Charterfolg Donald Trump, das folgende Album Blue Slide Park steigt sogar auf die Eins in den Billboard 200 ein. Der junge Rapper ist zu dieser Zeit längst als die neue Hoffnung im Indie-Hip Hop bekannt: seit über zehn Jahren gab es keine charttoppende Indie-Veröffentlichung mehr.

Mit Mut zum Experiment

Auf dem persönlich angehauchten Mixtape Macadelic teilt er das Mic mit namhaften Freunden wie Lil Wayne, Kendrick Lamar und Juicy J, und auch bekommen seine Fans einen Einblick in das, was er später noch ausbauen wird: eine Offenheit für neue Klänge, manchmal psychedelisch angesiedelte Ideen, und die nie endende Suche nach bisher unbetretenem Sound-Gelände. Seine 2013 erschienene Platte Watching Movies with the Sound Off bezeugt seinen künstlerischen Freiheitsdrang mehr als je zuvor, Miller will jetzt in alle Aspekte seiner Musik eintauchen: „Ich fange gerade an, aus verschiedenen Blickwinkeln an Musik zu arbeiten, sei es als Songwriter oder als Produzent. Ich mache das, weil ich es liebe.“ Er ist kaum nur noch der optimistische Party-Entertainer seiner ersten Mixtapes, sondern hat sich zu einem introspektiveren Künstler mit experimentell bewanderter Produktion entwickelt – für viele Musikmedien zählt es zu den besten Alben des Jahres. Der immense Erfolg bringt ihn aber von seiner Indie-Mentalität kaum ab, und sein Mixtape Faces erscheint, wie alle Mixtapes zuvor, kostenlos im Internet – auf Jazz Beats, die auch in psychedelische Gefilde eintauchen, reflektiert er hier seinen persönlichen Kampf mit der Drogensucht. Ebenfalls erschienen auf Vinyl, hebt die Platte Miller auf ein neues lyrisches Level und wird von vielen Fans heute als Meisterwerk bezeichnet.

Der Kampf gegen die inneren Dämonen

Wieder einmal oben in den Charts, entwickelt er sich mit GO:OD AM weiter in eine Richtung, die ihn zu einem ehrlichen Storyteller mit lyrischem Fokus auf seine inneren Konflikte macht. Auf der Platte The Divine Feminine verändert sich sein Fokus, und das Album zeigt Miller jetzt mehr als umfassenden Musiker, nicht nur als Rapper: er hangelt sich am R&B Genre entlang und singt in den von Liebe handelnden Tracks mehr als je zuvor in seiner Karriere. Auch sein letztes zeitlebens fertiggestelltes Album Swimming fügt seiner Diskographie einen weiteren Meilenstein hinzu, wenn er auf verträumten Beats den Heilungsprozess von seinen inneren Dämonen dokumentiert – die ruhige Platte bringt ihn erwachsener, reifer denn je hervor. Aus seiner Drogenaffinität macht er nie ein Geheimnis, und doch lässt sie ihn am Ende scheitern: im September 2018 stirbt er auf tragische Weise, als Todesursache wird eine Überdosis festgestellt. Vier Tage später gedenken ihm tausende Fans bei einer Trauerfeier im Blue Slide Park in Pittsburgh – der Ort, nach dem Miller sein erstes Album benannt hat. Seine Platte Circles erscheint 2020 posthum, und sie setzt fort, was der Rapper auf Swimming zuvor begonnen hat: eine Reise ins Innere, auf der Suche nach einem friedvollen Ort. Circles ist mehr Pop als seine vorherigen Werke, und auf bittere Weise zeigt das Album die bemerkenswerte Palette an künstlerischen Möglichkeiten auf, mit der Mac Miller in seiner weiteren Karriere experimentiert hätte – es ist ein würdiger Abschluss seines Schaffens und zugleich ein trauriges Zeitdokument.