The Cure HHV Records 53 Artikel

An der Front des Gothic Rock

Heute bekannt als die langlebigste Band, die als Sprössling aus dem englischen Post Punk gewachsen ist, bilden sich The Cure 1978 mit Sänger Robert Smith an der Front und werden zum maßgeblichen Einfluss für den Gothic Rock – einer düster verfärbten Spielweise des Genres, die um mysteriöse Symbolik und Horror-Referenzen kreist und damit die Weichen für eine gesamte Subkultur stellt. Smith als Mittelpunkt der Band wird mit seinem androgynen Auftreten zum Gesicht einer Szene, und auch ist er der Dreh- und Angelpunkt für die vielen stilistischen Wandlungen der Gruppe. Das raue Debutalbum Three Imaginary Boys, veröffentlicht auf dem Polydor-Label, kombiniert ihre Punk-Einflüsse erfolgreich mit Popkompositionen, doch Smith zeigt sich damals unzufrieden – erst als er ebenso mit Siouxsie and the Banshees auf der Bühne steht, entdeckt er seine Faszination für den Gothic Rock. Mithilfe der oft minimalistischen Instrumentierung betten the Cure dann 1980 auf Seventeen Seconds und 1981 auf Faith Smiths trostlose Texte in düster-atmosphärische Klangfarben ein – womit sie erste Charterfolge feiern. Überwältigt von Smiths eigener innerer Finsternis und nihilistischen Ansichten nimmt die Band ein Jahr später die Platte Pornography auf und vergrößert ihre treue Anhängerschaft – aber nach personellen Veränderungen im Line-up und Smiths vorrangiger Arbeit mit Siouxsie and the Banshees wird es ruhiger um the Cure, und eine Phase geht zu Ende.

Mit düsterem Pop in den Mainstream

Für Smith gibt es als einzigen Ausweg aus der künstlerischen Sackgasse nur die musikalische Neuerfindung: mit der New-Wave-induzierten Single Let’s Go To Bed bekommen die Fans plötzlich genau das Gegenteil von dem, was die Band vorher ausgezeichnet hat, und mit der Vinyl The Top setzt sie diesen Trend 1984 fort, indem sie durchgehend neues Terrain, auch im psychedelischen Bereich, erkundet. Weitere personelle Schwierigkeiten verändern wieder die Bandstruktur, und trotzdem erreicht die Gruppe ein Jahr später mit dem internationalen Erfolgsalbum The Head On The Door einen neuen Karrierehöhepunkt, der sie dank eingängiger Popmelodien auch auf die großen Bühnen Europas und Amerikas befördert. Im Mainstream angekommen sind the Cure dann 1987 mit der Doppelvinyl Kiss Me, Kiss Me, Kiss Me, dessen Single Just Like Heaven ihnen in den Vereinigten Staaten ihren ersten Hit landet – folglich touren sie auf einer ausverkauften Tournee um die Welt. Doch der Erfolg setzt dem kreativen Genie Robert Smith ordentlich zu – er flüchtet sich in die psychedelischen Drogen und entscheidet schließlich, dass es wieder düsterer zugehen muss: die Platte Disintegration kehrt zwar zur tiefschwarzen Aussichtslosigkeit zurück, mit der die Band sich vor zehn Jahren etabliert hatte, wird aber noch erfolgreicher als seine Vorgänger. Nach dem Release sieht sich Smith gezwungen, Gründungsmitglied Lol Tolhurst wegen seines exzessiven Alkoholkonsums zu feuern, was der Band im Folgenden jahrelange persönliche und rechtliche Scherereien beschert.

Ein Abschied, der keiner ist

Ihren kommerziellen Höhepunkt erreichen Smith und Band 1992 mit der Nummer-Eins-Platte Wish, womit sie ihre schwermütigen Gothic-Tendenzen, gewürzt mit Gitarrensounds der 60er Jahre, endgültig an die Spitze des Mainstreams transportiert bekommen. Der Nachfolgeversuch Wild Mood Swings gebärt dabei weit weniger Erfolg, ebenso wie das 2000 veröffentlichte Bloodflowers, das die Band allerdings noch einmal auf melancholische Weise so wie damals in den 80ern präsentiert. Die Platte als dritten Teil einer Trilogie nach Pornography und Disintegration konzipiert, spielt die Band alle drei Alben 2002 live in Berlin und veröffentlicht das Spektakel als Konzertfilm. Für Smith stellt Bloodflowers auch so etwas wie einen Abschied dar. Zumindest zu dieser Zeit. Dass die Gruppe sich vier Jahre später für ein weiteres Album, ihr selbstbetiteltes, zusammenfindet, wirkt wie ein weiterer Plottwist in der einmaligen Bandgeschichte. Nach dem 2008 veröffentlichten 4:13 Dream fokussiert sich die Gruppe auf ihre ausgiebigen Liveshows, bei denen sie auch mal mehrere Alben in voller Länge umsetzt. Und es scheint kein Stopp zu geben: bereits seit Beginn der Corona-Pandemie 2020 arbeitet die Band laut Smith an einem neuen Doppelalbum.