Von Spar Rock & Indie 5 Artikel

Lange vergriffen. Jetzt sind Exemplare aufgetaucht, als die Band ihren Proberaum aufräumte. Die wohl letzte Gelegenheit, dieses Album zu erwerben.

Das zweite Album nach "Die uneingeschränkte Freiheit der privaten Initiative", noch mit Thomas Mahmoud, der nach dem Album ausstieg.

Als Von Spar 2003 ihren von der Kritik gefeierten Eintritt in die Popszene hatten (z.B. Titelgeschichte im Spex-Magazin), galten sie als die deutsche Antwort auf die Post-Punk/No-Wave-Renaissance. Doch ihr Debüt war eher eine clevere Parodie auf Hipster-Bands im Achtzigerjahre-Stil. Drei Jahre später und weiser kehrte die Supergruppe (mit Mitgliedern von Urlaub in Polen, Oliver Twist, Aggro Cologne) mit einem kompromisslosen Album zurück, das alle Erwartungen übertraf und ihr Publikum und ihre Kritiker überraschte.

Losgelöst von den üblichen Stilthemen hat Von Spar den Zeitgeist exorziert und den Diskurs übernommen. Es gibt kein Schema. Alles geht. Ihre neue Musiksprache ist vom Krautrock der Siebziger inspiriert und orientiert sich an Fluxus-Kunst, Minimal Music und frühem TripHop. Neben klingeltonkompatiblen Hits belebt Von Spar das klassische Albumformat neu. Die beiden 20-minütigen Songs verbinden den Entdeckergeist von Can und Kraftwerk mit der konzeptionellen Ästhetik von Steve Reich und John Cage und Techniken düsterer, psychedelischer Vielschichtigkeit von Neurosis und Bohren & Der Club of Gore. Sämtliche Bezüge werden permanent aufgebrochen, übernommen und neu verwoben. Mit zwei neuen Mitgliedern nahm das fünfköpfige Rudel im legendären Electric Avenue Studio in Hamburg mit Produzent Tobias Levin (Tocotronic, Blumfeld, Kante) auf. Ihre neue Labelbasis Tomlab bietet die kongeniale Plattform für diese ungewöhnliche Reise. Das neue Album von Von Spar erobert die Musik als einen wahren Ort der Konzentration und kollektiven Energie zurück, von dem aus Neues in die Welt gelangt.

It's the terror of knowing what this world is about“, sang David Bowie 1981. Ihm gelang das Kunststück, ein Lied mit einer solchen Zeile – und mit Queen als Backing-Band – zu einem Hit zu machen. Von Spars „Under Pressure“ weiß auch, worum es in dieser Welt geht, mit ihren Drohkulissen, verschärftem sozialen Wettbewerb und dem Verdrängungskampf im Übergang zum Überwachungskapitalismus. Vom ersten Beat an spürt man die Dringlichkeit dieser Musik. Trotzdem wirkt sie frei, fast schwebend und schafft Raum für Reflektion und Selbstbefragung.Von Spar verstehen das, was andere „Band“ nennen, als modulares System. Die Kreativgemeinschaft von Sebastian Blume, Jan Philipp Janzen, Christopher Marquez und Phillip Tielsch befindet sich in einem
Zustand konstanter Neukonfiguration. Von Spar sind eine Schnittstelle, ein Interface, das Zugang schafft zum Wieder-Entdecken und Neu-Erleben von nur scheinbar Bekanntem. „Under Pressure“ ist ihr fünftes Album, sofern man in der Zählung die live eingespielte Can-Hommage gemeinsam mit Stephen Malkmus unterschlägt. 15 Jahre sind seit ihrem Debüt „Die uneingeschränkte Freiheit der privaten Initiative“ vergangen, fünf Jahre seit dem Album „Streetlife“. Betrachtet man ihre Diskografie, bekommen Von Spar etwas Chamäleonhaftes. Ihre Platten sind Ergebnisse einer steten Wandlung, sie öffnen Wurmlöcher zu Postpunk, zu Krautrock oder zum Kunstpop der Achtzigerjahre. Die Konstanten: rhythmische Raffinesse und harmonische Quantensprünge, das An- und Abschwellen von Synthesizer-Arpeggi, rückwärts abgespielte Gitarren, die nichts von Rückwärtsgewandtheit haben. Die acht Songs auf „Under Pressure“ wurden in Von Spars Dumbo Studio in Köln aufgenommen. Entscheidende Beiträge stammen von Gästen aus Toronto, Tokio, New York, London und Nashville. Die prägende Stimme ist, wie schon bei „Streetlife“, die von Chris A. Cummings alias Marker Starling. Er legt sein unverkennbares Falsett über die Hälfte der Songs und will wissen: „Is there a cure for this / Unhappiness, happiness?“ Im Eröffnungsstück erkundet Cummings gemeinsam mit Eiko Ishibashi (u.a. Kafka's Ibiki, Jim O'Rourke, Merzbow) in einer japanischen Traumsequenz, wohin die Reise gehen kann, wenn man die Fesseln des Fleisches abstreift. Punk- und Reggae-Professorin Vivien Goldman (The Flying Lizards) greift den Gedanken auf und befreit sich in „Boyfriends (Dead Or Alive)“ von den Gespenstern der Vergangenheit. Lætitia Sadier (Stereolab) singt auf dem Kraut-Pop-Hit des Albums, „Extend The Song“, der mit seinem Motorik-Schwung ewig weiterlaufen könnte: „If someone would ask me / Could I go on?“ Antworten, mehr Fragen – das ist das große Leitmotiv dieser Songs. Eine entscheidende stellt der Low-Fi-Eigenbrötler und 400-Alben-Mann R. Stevie Moore auf „Falsetto Giuseppe“: „Should I Worry?“ Natürlich!
Arno Raffeiner

Limited to 100 copies as HHV Exclusive pink colored vinyl edition.

„It's the terror of knowing what this world is about“, sang David Bowie 1981. Ihm gelang das Kunststück, ein Lied mit einer solchen Zeile – und mit Queen als Backing-Band – zu einem Hit zu machen. Von Spars „Under Pressure“ weiß auch, worum es in dieser Welt geht, mit ihren Drohkulissen, verschärftem sozialen Wettbewerb und dem Verdrängungskampf im Übergang zum Überwachungskapitalismus. Vom ersten Beat an spürt man die Dringlichkeit dieser Musik. Trotzdem wirkt sie frei, fast schwebend und schafft Raum für Reflektion und Selbstbefragung.Von Spar verstehen das, was andere „Band“ nennen, als modulares System. Die Kreativgemeinschaft von Sebastian Blume, Jan Philipp Janzen, Christopher Marquez und Phillip Tielsch befindet sich in einem
Zustand konstanter Neukonfiguration. Von Spar sind eine Schnittstelle, ein Interface, das Zugang schafft zum Wieder-Entdecken und Neu-Erleben von nur scheinbar Bekanntem. „Under Pressure“ ist ihr fünftes Album, sofern man in der Zählung die live eingespielte Can-Hommage gemeinsam mit Stephen Malkmus unterschlägt. 15 Jahre sind seit ihrem Debüt „Die uneingeschränkte Freiheit der privaten Initiative“ vergangen, fünf Jahre seit dem Album „Streetlife“. Betrachtet man ihre Diskografie, bekommen Von Spar etwas Chamäleonhaftes. Ihre Platten sind Ergebnisse einer steten Wandlung, sie öffnen Wurmlöcher zu Postpunk, zu Krautrock oder zum Kunstpop der Achtzigerjahre. Die Konstanten: rhythmische Raffinesse und harmonische Quantensprünge, das An- und Abschwellen von Synthesizer-Arpeggi, rückwärts abgespielte Gitarren, die nichts von Rückwärtsgewandtheit haben. Die acht Songs auf „Under Pressure“ wurden in Von Spars Dumbo Studio in Köln aufgenommen. Entscheidende Beiträge stammen von Gästen aus Toronto, Tokio, New York, London und Nashville. Die prägende Stimme ist, wie schon bei „Streetlife“, die von Chris A. Cummings alias Marker Starling. Er legt sein unverkennbares Falsett über die Hälfte der Songs und will wissen: „Is there a cure for this / Unhappiness, happiness?“ Im Eröffnungsstück erkundet Cummings gemeinsam mit Eiko Ishibashi (u.a. Kafka's Ibiki, Jim O'Rourke, Merzbow) in einer japanischen Traumsequenz, wohin die Reise gehen kann, wenn man die Fesseln des Fleisches abstreift. Punk- und Reggae-Professorin Vivien Goldman (The Flying Lizards) greift den Gedanken auf und befreit sich in „Boyfriends (Dead Or Alive)“ von den Gespenstern der Vergangenheit. Lætitia Sadier (Stereolab) singt auf dem Kraut-Pop-Hit des Albums, „Extend The Song“, der mit seinem Motorik-Schwung ewig weiterlaufen könnte: „If someone would ask me / Could I go on?“ Antworten, mehr Fragen – das ist das große Leitmotiv dieser Songs. Eine entscheidende stellt der Low-Fi-Eigenbrötler und 400-Alben-Mann R. Stevie Moore auf „Falsetto Giuseppe“: „Should I Worry?“ Natürlich!
Arno Raffeiner